Trending Value Strategie

Olivier Estoppey

5. November 2024- 5 min Lesezeit

Was ist die Trending Value Strategie?

Die Trending Value Strategie ist eine Strategie, die Value- und Momentum-Faktoren kombiniert. Anhand von bestimmten Unternehmenskennzahlen werden die Unternehmen mit der tiefsten Bewertung (Value-Strategie) und dem grössten Kursanstieg in den letzten 6 Monaten (Momentum-Strategie) ausgewählt. Die Strategie wurde von James O’Shaughnessy entwickelt und wird in seinem Bestseller „What Works on Wall Street: The Classic Guide to the Best-Performing Investment Strategies of All Time“ beschrieben.

Wie wird die Trending Value Strategie umgesetzt?

Die Trending Value Strategie besteht aus zwei Komponenten: Zuerst wird der sogenannte Value Composite Indikator berechnet und basierend darauf die Unternehmen mit der besten Bewertung ausgewählt. Anschliessend werden aus diesen Unternehmen jene herausgesucht, welche das höchst Preismomentum über die letzten sechs Monate hatten.

Schritt 1: Die Zusammensetzung des Value Composite Indikators

Ziel des Indikators ist es unterbewertete Unternehmen zu finden. Es gibt unterschiedliche Versionen des Value Composite Indikators, jedoch basieren die Varianten grundsätzlich aus einer Zusammensetzung der folgenden Finanzkennzahlen. Wenn Sie sich genauer für die unterschiedlichen Varianten interessieren, finden Sie diese hier im Beitrag zum Value Composite. Im Folgenden wird weiter auf den Value Composite 2 Indikator eingegangen, da dieser Teil der Trending Value Strategie ist:

Kurs-Buchwert-Verhältnis
Diese Kennzahl vergleicht die Marktkapitalisierung eines Unternehmens mit dem Buchwert eines Unternehmens. Dafür wird der Aktienkurs des Unternehmens pro Aktie durch den Buchwert pro Aktie dividiert. Ein Kurs-Buchwert-Verhältnis kleiner als 1 bedeutet, dass man für einen Schweizerfranken an Buchwert weniger als einen Schweizerfranken bezahlen muss. Der Buchwert setzt sich unter anderem aus den Immobilen, Lagerhäusern, Bargeld und andere Sachanlagen addiert zusammen – siehe dazu auch den Beitrag zur Bilanz. Die Aktie ist also unterbewertet und kann eine gute Investitionsmöglichkeit bieten.

Kurs-Umsatz-Verhältnis
Das Kurs-Umsatz-Verhältnis vergleicht den Aktienkurs eines Unternehmens mit seinen Einnahmen. Auch hier wird eine möglichst kleine Zahl als vorteilhaft bewertet. Ein Verhältnis von weniger als 1 bedeutet, dass ein Anleger weniger als CHF 1 für jeden CHF an Umsatz bezahlen muss.

EBITDA/Unternehmenswert (EV)
Das EBITDA/EV verwendet die Cashflows eines Unternehmens, um den Wert des Unternehmens zu bewerten. Wenn das EBITDA mit dem Unternehmenswert verglichen wird, kann ein Investor erkennen, ob ein Unternehmen Cashflow-Probleme hat. Ein Unternehmen mit gesundem Cashflow wird einen hohen Wert haben. Auch Banken achten auf das EBITDA, da es ein Indikator für die Fähigkeit des Unternehmens ist, den Schuldendienst zu leisten und das Kapital neuer Schulden zurückzuzahlen.

Kurs-Cashflow-Verhältnis
Das Kurs-Cashflow-Verhältnis vergleicht den Aktienkurs mit dem operativen Cashflow (OCF) pro Aktie. Der OCF beinhaltet gegenüber dem freien Cashflow auch die nicht-zahlungswirksame Ausgaben wie Abschreibungen und Amortisationen. Das Kurs-Cashflow-Verhältnis ist besonders nützlich für die Bewertung von Aktien, die zwar einen positiven Cashflow haben, aber aufgrund hoher nicht-zahlungswirksamer Aufwendungen unprofitabel sind.

Kurs-Gewinn-Verhältnis
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis setzt den aktuellen Aktienkurs ins Verhältnis zum Gewinn pro Aktie (EPS). Unternehmen mit einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis werden oft als Value-Aktien betrachtet. Das bedeutet, dass sie unterbewertet sind, weil ihre Aktienkurse im Verhältnis zu ihren Fundamentaldaten niedriger gehandelt werden.

Aktionärsrendite
Die Aktionärsrendite ist der Gesamtbetrag, den ein Anleger aus einer Investition, insbesondere aus Aktien bzw. Unternehmensanteilen erzielt.

Der Value Composite 2 untersucht also anhand mehrerer Indikatoren, ob ein Unternehmen unterbewertet ist. Die Trending Value Strategie beginnt mit einer Auswahl von Unternehmen, für die der Value Composite 2 Indikator berechnet wird. Die Unternehmen können anhand bestimmter Kriterien in die Liste aufgenommen werden, zum Beispiel Aktien ab einem bestimmten Wert der Marktkapitalisierung.

Schritt 2: Die Berechnung des Value Composite Indikators

Jedes ausgewählte Unternehmen erhält für jede der sechs Finanzkennzahl einen Wert von 1-100, welcher als Rang betrachtet wird. Da der Wert ein Rang ist, basiert dieser auf dem Vergleich zwischen den Unternehmen in der Liste. Wenn ein Unternehmen beispielsweise ein Kurs-Umsatz-Verhältnis hat, das im niedrigsten Prozent (1 von 100) aller Unternehmen in der Datenbank liegt, erhält es einen Kurs-Umsatz-Rang von 1 – es ist somit tief bewertet. Hat ein Unternehmen ein Kurs-Umsatz-Verhältnis, das im höchsten Prozent aller Unternehmen in der Datenbank liegt – also hoch bewertet ist – erhält es einen Kurs-Umsatz-Rang von 100. Ein Wert von 50 wird als neutral angesehen. Wenn kein Wert vorliegt wird automatisch der Wert von 50 vergeben.

Sobald alle Unternehmen je Finanzkennzahl in eine Rangliste aufgenommen wurden, werden alle individuellen Ranglisten zu einer kombinierten Rangliste pro Unternehmen addiert. Jedes Unternehmen hat nun eine Rangzahl von 1-100. Anhand dieser Zahl werden die Unternehmen zunächst geordnet. Anschliessend werden sie dann in Perzentilen von 1 bis 100 gruppiert. Der Fokus liegt dann auf den 10% Unternehmen mit dem tiefsten Value Composite Wert . Diese Unternehmen weisen eine tiefe Bewertung auf und werden im dritten Schritt genauer analysiert.

Schritt 3: Momentum-Faktor

Der dritte Teil der Trending Value Strategie besteht aus einem Momentum-Faktor. Das bedeutet, dass Aktien gekauft werden, die in der Vergangenheit über einen bestimmten Zeitraum den höchsten Kursanstieg verzeichnet haben. In der Trending Value Strategie wird das sogenannte Kursmomentum angewendet. Das Ziel ist es die Unternehmen mit dem grössten sechsmonatigen Kursanstieg zu kaufen, die gleichzeitig noch immer tief bewertet sind.

Viele unabhängige Forscher haben festgestellt, dass Aktien, die in den letzten drei bis zwölf Monaten hohe Renditen erzielt haben, auch weiterhin gut abschneiden. Ziel ist es also, von diesem Trend zu profitieren. Der Nachteil der Momentum-Strategie ist, dass sie sehr volatil sein kann. Investiert wird in die 20-50 besten Unternehmen.

Funktioniert die Trending Value Strategy wirklich?

Um die Strategie zu testen, verwendete James O’Shaughnessy Daten aus der Standard & Poor’s Compustat Active and Research Datenbank und dem Center for Research in Security Price (CRSP) über den 45-jährigen Zeitraum von 1964 bis 2009. Er bildete jeden Monat 12 separate Portfolios, die ein Jahr lang gehalten wurden, und berechnete dann die durchschnittlichen Erträge aller 12 Portfolios. Das Anlageuniversum umfasste Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 200 Mio. USD (inflationsbereinigt). Alle Aktien wurden gleich gewichtet und umfassten US-Unternehmen, während ausländische Aktien in Form von American Depository Receipts (ADR) zugelassen waren. Die Ergebnisse der Studie zeigten folgendes:

Im 45-Jahres-Zeitraum zwischen 1964 und 2009 erzielte das All Stocks-Universum eine durchschnittliche jährliche Gesamtrendite von 11,2 % (Marktindex).

Wären die Aktien nur nach dem Value Composite Indikator ausgewählt worden, hätte die jährliche Gesamtrendite bei 17,3% gelegen. Wäre im gleichen Zeitraum nur das sechs monatige Kursmomentum angewendet worden, wäre durchschnittlich 14,5% pro Jahr verdient worden. Somit übertrafen beide Strategien die Performance des Universums aller Aktien (Marktindex).

Wenn jedoch die beiden Faktoren zu einer Trending-Value-Portfolio-Strategie kombiniert worden wären (Kauf der 25 bestplatziertesten Aktien), so hätte sich über 45 Jahre eine durchschnittliche jährliche Rendite von 21,2% ergeben. Zusammenfassend hat die Trending-Value-Anlagestrategie den Markt in der 45-jährigen Testperiode zwischen 1964 und 2009 jedes Jahr um 10% geschlagen.

Eine solche Strategie ist nicht ganz einfach umzusetzen. Die Umsetzung braucht Zeit und sehr gute Fachkenntnisse. Spezialisierte Experten wie ein Vermögensverwalter – mit dem notwendigen Fachwissen – können Ihnen helfen eine Trending-Value-Strategie für Sie zu entwickeln und umzusetzen.

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